Nach Schmidt & Haubich
Dieser Text ist nicht „über ADHS“. Aber vielleicht spürt man ihn anders, wenn man mit ADHS aufgewachsen ist.
In der Lehramts-Examensklausur war klar: Eigene Gedanken zählen nicht.
Nur Zitate. Nur Quellen. Nur Menschen mit Titeln.
Ich saß mit einem Freund zusammen - und wir waren genervt.
Nicht vom Stoff, sondern von der Vorgabe: Schreib, was kluge Leute gesagt haben - nicht, was du denkst.
Also gaben wir uns den Handschlag: Wenn wir eine eigene, wirklich treffende Idee hatten - etwas, das wir dachten, aber nicht sagen durften -,
dann eben: „nach Schmidt & Haubich“.
Klingt seriös.
Fällt nicht auf.
Und ist genauso erfunden wie der Anspruch auf echtes Denken in dieser Klausur.
Ich hielt mich an den Deal. Er nicht.
Am Ende: Ich - Note 1. Er - 4.
Hat mich nicht gewundert - nicht weil ich besser war, sondern weil ich das Spiel besser mitgespielt habe.
Die Nummer mit dem Nicht-Zitieren war nur eine Kleinigkeit.
Wer sich da verbogen hat - schwer zu sagen. Ich jedenfalls habe mich brav an "Schmidt & Haubich" gehalten.
Schmidt & Haubich übrigens: nie wieder gesehen.
Aber ich danke ihnen - sie waren die ehrlichste Quelle in diesem ganzen Theater.
(Vielleicht war es nicht nur Trotz. Vielleicht war es ADHS.
Dieses Rebellieren gegen Bevormundung - selbst dann, wenn es niemand sieht.
Ein kleines Ventil - nicht aus Mut, sondern weil sich etwas in mir gegen hohle Autorität sträubte.)
